Sodbrennen – der Feuer-Alarm im Hals: Top-Arzt gibt Tipps gegen Entzündungen (2024)

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Von: Dorita Plange

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Sodbrennen – der Feuer-Alarm im Hals: Top-Arzt gibt Tipps gegen Entzündungen (1)

Ein Münchner Facharzt rät dringend, das Problem ernst zu nehmen: Wer sich bei häufigem Sodbrennen nicht rechtzeitig behandeln lässt, riskiert schlimmere Erkrankungen.

München – Dieses Gefühl kennt in Deutschland etwa jeder zweite Erwachsene: Sodbrennen und saures Aufstoßen, oft in der Nacht nach einem kräftigen Abendessen. Im Münchner Isarklinikum arbeitet und forscht Privatdozent Dr. Holger Seidl – Direktor der Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und gastroenterologische Onkologie – mit modernster Hightech, um Patienten wie Hermann Daller (64) von diesem brennenden Problem zu befreien.

Wie Sodbrennen entsteht

Falsch oder gar nicht behandeltes Sodbrennen kann eine schmerzhafte Speiseröhren-Entzündung verursachen und birgt ein ernsthaftes Risiko: die Bildung einer Vorstufe für Speiseröhrenkrebs, Barrett-Ösophagus genannt. Wie bei Hermann Daller (64). Er arbeitete bis zur Pensionierung als Verwaltungsbeamter bei der Städtischen Bestattung. Seine Reflux-Probleme begannen mit etwa 25 Jahren. Er behalf sich zunächst mit rezeptfreien Tabletten und Säften. Bis seine Speiseröhre derart entzündet war, dass nichts mehr ging. Mit 30 Jahren nahm er täglich den Säureblocker Esomeprazol (40 mg). Ein ganz typischer Verlauf – bestätigt Dr. Seidl: „Der Schließmuskel kann im Laufe der Zeit ausleiern.“

Auslöser sind in vielen Fällen fettreiche, stark gewürzte Speisen, die Säure in Obst und Gemüse, Übergewicht, Koffein, Rauchen, Stress und Medikamente. Weit verbreitet ist auch der Zwerchfellbruch (Hiatushernie). Ein intakter Zwerchfellmuskel trennt die Lunge vom Bauch. Durch eine Lücke können jedoch Magenanteile aus dem Bauchraum in den Brustraum rutschen. „Auch dann kann der saure Mageninhalt – der Magensaft enthält pure Salzsäure – aufsteigen und dieses Brennen im Hals, ein Druckgefühl im Oberbauch und auch Atemprobleme verursachen.“

Die Rolle des Alkohols bei Sodbrennen

Viele Reflux-Geplagte spüren, dass ihnen Alkohol am Abend nicht bekommt. Denn: „Alkohol entspannt den Schließmuskel zwischen Magen und Speiseröhre für Stunden. Da genügt bereits das Gläschen Wein oder der kleine Whisky.“ Kommt dazu noch eine schwere, späte Mahlzeit, wird das eine ungemütliche Nacht. Auch die Uhrzeit der Mahlzeiten spielt eine Rolle: „Manche Lebensmittel wie Fisch oder Rohkost liegen bis zu zehn Stunden im Magen.“ Dr. Seidls Tipp: „Mittags richtig gut essen, gern mit einem Glas Wein oder Bier. Um 17 Uhr passt noch eine kleine Brotzeit. Wer dann noch auf Alkohol und Chips verzichtet und Wasser trinkt, hat in vielen Fällen kein Sodbrennen mehr.“

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Die Diagnostik von Sodbrennen

Bei einer Kontroll-Magenspiegelung vor etwa 15 Jahren entdeckte der Arzt eine verdächtige Schleimhaut-Wucherung – die Barrett-Krebsvorstufe – in der Speiseröhre von Hermann Daller. Er empfahl ihm eine detailliertere Diagnostik im Isarklinikum. So wurde er Patient bei Dr. Seidl, der die Wucherung im Rahmen der Magenspiegelung abtrug: „Der Magen hat eine spezielle Schleimschutzschicht, die der Säure widersteht. Die Speiseröhre dagegen ist der Säure schutzlos ausgeliefert.“ In Folge von Entzündungen beginnt der Körper, einen schleimbildenden Schutz in der Speiseröhre aufzubauen. Das ist die Barrett-Schleimhaut. In einer großen Studie mit 73.000 Reflux-Patienten wiesen 5,6 Prozent den Barrett-Ösophagus auf: „Zwar bekommt nur ein Prozent der Barrett-Patienten später im Leben Speiseröhrenkrebs. Weil aber die Zahl der Erwachsenen mit Reflux bzw. Barrett ständig steigt, sehen wir jetzt eben doch etliche Krebsfälle.“ In Deutschland wurden im Jahr 2020 bereits 7380 Fälle von Speiseröhrenkrebs diagnostiziert.

Hermann Daller geht nun alle drei Jahre zur Magenspiegelung und nimmt täglich Pantoprazol (40 mg). Kürzlich fand Dr. Seidl in der oberen Schleimhautschicht seiner Speiseröhre eine offene Stelle: „Es ist so wichtig, diese Stellen rechtzeitig zu entdecken und zu behandeln.“ Sein Appell: „Wenn Sie als langjähriger Sodbrennen-Patient hoffentlich auch alle zehn Jahre zur Darmkrebs-Vorsorge gehen, lassen Sie sich dabei bitte auch immer gleich noch den Magen anschauen.“

Sodbrennen: Drei Behandlungen & sechs wichtige Tipps vom Top-Arzt

Mit einer extrem strengen Diät könnte manch einer das Problem wohl in den Griff kriegen. Also: nie wieder Alkohol, Schokolade, Kaffee oder Pommes. Aber wer will das schon? „Kaum jemand. Ich auch nicht“, schmunzelt Dr. Seidl. Die realistischere Variante sind die Prazole – Säureblocker in Tablettenform (z. B. Emprazol, Omeprazol, Pantoprazol). „Einmal täglich vorm Frühstück eingenommen, wirken sie 24 Stunden. Viele Patienten nehmen sie ein Leben lang.“ Wenn die Entzündung abgeklungen ist, kann man die Tablette auch mal weglassen:

„Mit etwas Disziplin beim Essen funktioniert dieser Kompromiss für viele sehr gut.“ Antazida (z. B. Talcid, Riopan oder Maaloxan) sind frei verkäufliche basische Substanzen, die die Magensäure dämpfen. „Meist nur ein kurzer Effekt“, so Dr. Seidl. Aber: Es gibt jetzt Weiterentwicklungen wie z. B. Gaviscon dual, dem eine spezielle Algenpaste beigemischt wurde. Diese geliert im Magen und wirkt in leichteren Fällen als mechanische Schutz- und Dichtschicht.

Von einer Operation bzw. Spritz-/Magnet- oder Nahttechniken rät Dr. Seidl in Anbetracht hochwirksamer Medikamente meist ab: „Die Erfahrung lehrt uns: Allzu häufig gab es Komplikationen oder Effekte verpufften bald.“ Auch Hermann Daller stand vor 15 Jahren vor dieser Entscheidung. Er entschied sich gegen die OP und hat es nie bereut. Sechs Tipps vom Spezialisten:

Tipp 1: Kauen Sie Ihre Mahlzeiten möglichst auf Reiskorngröße, jeden Bissen 20 Mal: „Das beschleunigt die Verdauung und verstärkt die Ausschüttung des Sättigungshormons GLP-1. Das wirkt laut Studien fast so effektiv wie Abnehmspritzen.“

Tipp 2: Schlafen Sie leicht erhöht – immer mit dem ganzen Oberkörper.

Tipp 3: Schlafen Sie bewusst auf der linken Seite.

Tipp 4: Gewürztes und Geröstetes begünstigt Sodbrennen. Nehmen Sie vorab einen Säureblocker.

Tipp 5: Vergessen Sie Dr. Google: „Nichts geht über das persönliche Gespräch mit Ihrem Arzt“, rät Dr. Seidl.

Tipp 6: Im Gegensatz zu einem Gürtel drücken Hosenträger nicht auf den Magen. Woraus Dr. Seidl schließt: „Ab in die Lederhose!“

Auch viele Hausmittel können gegen Sodbrennen wirken. Auch einen Ring aus Magnetperlen gibt es. Ein Verdauungsschnaps sollte dagegen vermieden werden. (Dorita Plange)

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